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Chongqing–30 Mio. Einwohner

Chongqing liegt auf einer wie ein Komma geformten Halbinsel am Zusammenfluss der Flüsse Jangtsekiang und Jialing.

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Die Stadt stellt als sogenannte regierungsunmittelbare Stadt eine eigenständige Verwaltungseinheit mit um die 30 Millionen Einwohnern dar. Wenn diese administrativen Stadtgrenzen herangezogen werden, ist Chongqing die größte Stadt der Welt. Die Fläche des Verwaltungsgebietes der Stadt ist mit rund 82.000 Quadratkilometern annähernd so groß wie der Staat Österreich, besteht aber überwiegend aus ländlichen Gebieten.

Wird die Kernstadt (hohe Bebauungsdichte und geschlossene Bebauung) als Grundlage genommen, leben in Chongqing nur etwa 5 Millionen Menschen.

Die regierungsunmittelbare Stadt entstand am 14. März 1997 durch Abtrennung des Stadtgebietes vom östlichen Teil der Provinz Sichuan und Eingemeindung der umliegenden Großregion. Die Stadt ist Industriezentrum, Verkehrsknoten sowie kultureller Mittelpunkt der Region mit Universitäten, Hochschulen, Theater, Museen und Galerien.

Mit dem Status der regierungsunmittelbaren Stadt und dem Schub aus der von Peking subventionierten „Großen Strategie der Westentwicklung“ sind vorher nie gekannte Mittel in die Infrastruktur der Stadt geflossen. Sie lockt mit Steuernachlässen für Firmenansiedlungen und verzeichnet einen überproportionalen Arbeitskräftezuzug aus dem bäuerlichen Hinterland. Seit der Inbetriebnahme des weltgrößten Kraftwerks auf dem Verwaltungsgebiet Chongqings gehören Engpässe in der Energieversorgung der Vergangenheit an, ganz im Gegensatz zu weiten Teilen im östlichen und südlichen Chinas, wo es immer wieder zu Stromausfällen kommt und die Generatoren auf dem Bürgersteig angeworfen werden müssen.

Chongqing ist einer tiefgreifenden Stadterneuerung und einer rasanten Stadterweiterung unterworfen; die staatlichen Planungs- und Bauvorschriften lassen kaum Widerspruch zu. Die Innenstadt auf der Halbinsel ähnelt schon heute Manhattan, 2014 wird sie von einem wuchtigen Wolkenkratzer von 428 Meter Höhe überkrönt sein. Trotz der schwierigen geologischen Bedingungen wird jeder Quadratmeter Boden genutzt, ständig werden ältere Bauten abgerissen, um Platz für immer Höheres zu schaffen. Vor allem die Entwicklung in den Vorstädten ist bemerkenswert: viele Bauten älter als 1980 wurden abgerissen, die Flächen begradigt und mit meist vielstöckigen Neubauten besetzt. Die Vorstädte folgen durchaus einem Muster moderner Stadtentwicklung, jedes Quartier erhält eine gewisse Eigenständigkeit mit schulischen, sozialen, Einkaufs- und Freizeiteinrichtungen. Die hügeligen Flächen wurden mit einem Raster großzügiger Schnellstraßen erschlossen und selbst bei den Anliegerstraßen gehen die Planer davon aus, dass die Bevölkerung bald eine Kraftfahrzeugdichte vergleichbar mit beispielsweise Japan oder Südkorea aufweisen wird.

Die neuen Vorstädte umschließen die Kernstadt in allen Richtungen, oft werden die einstmals für die Terrassenwirtschaft angelegten kleineren Talsperren und Teiche in die Neubaugebiete integriert. Hier entstehen auch erste Villengebiete und gehobene Eigenheimkomplexe für eine wachsende Mittelschicht: Inzwischen sind fast 60 Prozent der Betriebe im Privatbesitz. Vereinzelt entstehen ganz nach amerikanischem Vorbild auch Villenkomplexe in Verbindung mit Golfanlagen, der Kapitalismus nach chinesischem Muster breitet sich rasant aus.

Soviel zur Papierform. Den Ort Dazu verlassend, laufen wir am frühen Nachmittag des 15. April 2013 über die Autobahn G93  in Chongquing ein (hier eine der chinesischen Autobahn-Mautstationen kurz vor Chongquing).

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Nachdem wir uns im Hotelzimmer eingerichtet haben, starten wir zu einer ersten Besichtigungstour, die uns mit dem Bus in eines der Subzentren der Stadt mit Fußgängerzone und Shoppingcentern führen soll. Das Busticket kostet 2 Yuan – das abgezählte Kleingeld sollte eigentlich in einen am Eingang befindlichen Kasten geworfen werden; Busfahrer(innen) haben nämlich in China kein Wechselgeld. Ich habe mal wieder kein Kleingeld vorrätig, was dazu führt, dass ich notgedrungen 10 Yuan einwerfe. Daraufhin weist die Busfahrerin weitere Fahrgäste sofort an, mir direkt ihren Obolus von jeweils 2 Yuan als Wechselgeld auszuhändigen. Ordnung muss sein in China.

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Wir verbringen mit Schauen und Staunen über das moderne China den Spätnachmittag dort.

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Zum Tagesabschluss besuchen wir eine Pizza-Hut-Filiale und essen eine leckere Pizza und fahren wieder mit dem Bus zurück ins Hotel.

Am nächsten Morgen starten wir (Eva und Andreas) zum Chonquing Eling Park, einem Park mit Aussichtspunkt über der Stadt. Petra bleibt im Hotel, da sie später noch einmal alleine zum Shoppen los will. “In aller Ruhe!”

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Im Park gibt es u.a. einen Aussichtsturm, von dem aus man bei guter Sicht – in Chonquing Smog (bzw. Nebel) bedingt so gut wie nie, nehme ich an – einen schönen Blick über die Stadt hat. Auch heute Smog und Hochnebel.

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Ich klettere trotzdem den Aussichtsturm hinauf – die Sicht ist zwar miserabel. Man bekommt aber trotzdem einen kleinen Eindruck von der Größe der Stadt.

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Beeindruckender waren da schon die sonstigen “Sehens-Merk-würdigkeiten” im Eling-Park. Zum einen ein klassische Chormusik übender chinesischer Chor …

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… zum anderen eine wohl großenteils aus Rentnern bestehende Tanzgruppe.

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Zum Thema “Sehens-und-Merkwürdigkeiten” im Park habe ich noch folgenden recht interessanten Artikel (auszugsweise) des Goethe-Institutes zum Thema gefunden. Wen`s nicht interessiert einfach weiterscrollen.

 

Alte Menschen in China

 

Tanzende Rentnerin im Park © www.icpress.cn

Wahrscheinlich haben alte Menschen überall auf der Welt die gleiche Angst, nämlich die Angst vor der Einsamkeit. Aber bei alten Menschen in China ist diese Angst wahrscheinlich besonders groß, denn die meisten alten Menschen in China haben in ihrem beruflichen Leben nie ihre Stelle gewechselt und waren meist jahrzehntelang bei dem gleichen Arbeitgeber beschäftigt. Ihr ganzes Leben spielte sich vorwiegend in ihrer Arbeitseinheit ab und auch nahezu alle sozialen Beziehungen entstanden in diesem Umfeld. Die Arbeit war das Wichtigste in ihrem Leben. Mit dem Beginn des Rentnerdaseins geht dieser wichtige Lebensinhalt mit einem Mal verloren, und sie fühlen sich sehr unwohl, weil sie niemanden zum Reden haben.
Wenn man das Leben alter Menschen in chinesischen Städten betrachtet, dann kann man sagen, dass ihre Vorliebe, in große Gruppen einzutauchen, besonders auffällig ist. Dies zeigt aus einem anderen Blickwinkel, dass sie es jahrzehntelang gewohnt waren, in einer Gemeinschaft zu leben. Es scheint, dass das Eintauchen in eine Gruppe ihnen ein stärkeres Sicherheitsgefühl und eine größere Selbstbestätigung gibt. Das ist vielleicht auch der größte Unterschied zu älteren Menschen in Deutschland.
Der Park des purpurnen Bambus im Pekinger Westen ist ein anschaulicher Beweis für meine Auffassung. Morgens um acht Uhr hat der erste Schwung alter Menschen den Park bereits verlassen, aber trotzdem geht es im Park noch äußerst lebhaft zu. Allein bei den Tanzenden gibt es viele verschiedene Gruppen, solche, die Volkstänze oder Tänze der nationalen Minderheiten üben, die Standardtänzer und auch einige, die sich im Hip Hop versuchen. Die Tänzer tragen außerdem einheitliche Kostüme, und mag auch die Figur nicht mehr so schön anzusehen sein, verleiht doch die bunte Kleidung den alten Menschen noch recht viel Schwung.
Ein anderes Bild sind die Chöre im Park. Jeder kann sich seinem gesanglichen Niveau entsprechend einem Chor anschließen und frühere revolutionäre Lieder, russische Lieder oder auch moderne Lieder schmettern. Alle hören sich noch recht gut an, vielleicht liegt es an der Fröhlichkeit, auf jeden Fall scheint noch genügend Luft vorhanden zu sein. Abgesehen vom Singen und Tanzen kann man auch etwas für die körperliche Fitness tun. Von Taiji bis zu Qigong gibt es ein breites Angebot, man kann machen, was das Herz begehrt und weiß kaum, wofür man sich entscheiden soll. Wenn man es mal modisch ausdrückt, sind die Parks zu „einem Meer des Spaßes“ geworden, und die alten Menschen, die die „Wellen“ schlagen, haben ein neues „Betätigungsfeld“, schließen neue Bekanntschaften und haben ein eigenes soziales Leben.
Kurz nach 11 Uhr verlassen die Menschenmassen die Parks, um das Mittagessen zuzubereiten oder auf die Enkel aufpassen. In Peking haben viele alte Menschen nach wie vor die Aufgabe, sich um die Enkel zu kümmern. Sie begleiten sie nicht nur auf ihren Schulwegen, sondern betreuen sie auch bei ihren Schulaufgaben. Sogar wenn die Kinder in ihrer Freizeit spielen, sitzen die Großeltern daneben und passen auf sie auf. In der Mittagszeit wird es dann ruhig in den Parks und man meint, in die Zeit von vor 20 Jahren zurück versetzt zu sein. Ich erinnere mich, dass mich damals gerade die vollkommen ruhige und gelassene Ungezwungenheit der alten Menschen, die in ihren Stoffschuhen lautlos umher liefen, fasziniert hat. Diese berückende Stille wird heute von einer Generation dynamischer alter Menschen durchbrochen. …

Text: Li Jianming (李健鸣)
Übersetzung: Andrea Schwedler
September 2009

 

Nach dem Besuch des Eling-Parkes begeben wir uns nach Downtown Chongquing, genauer nach Jiefangbei.

Jiefangbei ist das pulsierende Geschäftsviertel von Chongqing, das eingebettet zwischen den Flüssen Jialing und Jangtse in die Höhe wächst. Herzstück des sich schnell entwickelnden, kommerziellen Zentrums mit zahlreichen Läden, Büros, Hotels und Restaurants, ist die Fußgängerzone, die rund um das ältere Volksbefreiungsmonument (People’s Liberation Monument) im Jahr 1997 eröffnet wurde. Nun wird`s zunächst mal wieder richtig chic. Kaum zu glauben, was es dort an Reichtum zu sehen gibt.

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Bevor wir allerdings die Fußgängerzone betreten, entdecke ich mehr zufällig dieses außergewöhnliche Gebäude. Habe im Nachgang versucht zu recherchieren was es ist und wer es entworfen hat. Es handelt sich um das Cathay Pacific Arts Center – den Architekten habe ich bislang noch nicht herausgefunden. Beeindruckende Architektur – leider schwer auf ein Foto zu bekommen.

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Dann auf in die Fußgängerzone und … danach auch in angrenzende Gebiete. Gegensätze, wie man sie sich größer nicht vorstellen kann!

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Der gehört wohl eigentlich nicht hierher – angeblich soll es noch knapp 100.000 (man kann es nicht glauben) solcher Bambusstangen-Träger in Chonquing geben, die die Waren von den zu be- oder entladenden Schiffen an den Flussufern die Hügel Chonquings hinauf oder hinunter in die Manufakturen, Kleinfabriken etc. schleppen. Tageslohn angeblich 4-5 €. Hier handelt es sich wohl auch eher um die “light”-Version mit kleinen Körbchen. Angeblich tragen sie mehr als ihr eigenes Körpergewicht.

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Ansonsten so weit das Auge reicht – Reichtum pur.

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Und dann hört die Fußgängerzone plötzlich auf – eine Querstraße und es geht ein paar Stufen hinunter Richtung Fluss … das alte China ist zurück! Keine 300 Meter entfernt. Wow, das hat schon fast etwas von “Blade Runner” – nur dass es nicht auch noch regnet.

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Auf dem Heimweg mit dem Taxi Blicke über den Yangtse auf das andere Flussufer – Hochhäuser über Hochhäuser. Sogar güldene!

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Eine verrückte Stadt, wir wären gerne noch zwei Tage länger geblieben. Das wiederum geht in China aber nicht – man hat sich gefälligst an den (lange zuvor eingereichten) Reiseplan zu halten.

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