Auf dem Weg von Nanning über Mojiang nach Mengla fängt es plötzlich an, wie aus Eimern zu Schütten. Wir befahren eine kleine Bergstraße. Plötzlich klingelt das Handy – Andreas ist dran. Er fährt ungefähr einen halben Kilometer vor uns mit Eva im alten Daimler Benz Lkw und meint wir sollten dringend langsam machen, es sei saurutschig, er habe schon einen Pkw in der Böschung gesehen.
Petra am Steuer fährt ab diesem Zeitpunkt mit Allradantrieb und sehr, sehr langsam. Den in der Böschung steckenden Pkw sehen wir dann kurze Zeit später auch.
Einige Kilometer weiter kommt uns dann plötzlich Max ganz aufgeregt zu Fuß entgegen gerannt. Wolfgang habe einen schweren Frontal-Unfall mit einem chinesischen Lkw gehabt.
Sieht nicht gut aus. Wobei der MAN deutlich besser aussieht, als der chinesische Lkw.
Es ist keinem wirklich etwas passiert. Wolfgang und Carmelita sind weitgehend ok. Carmelita wird von Andreas (Arzt) wegen Schock/Schleudertrauma behandelt, Wolfgang rennt aufgeregt herum – arbeitet wohl seinen Adrenalinpegel ab. Ich nehme ihn erst mal in den Arm und drücke ihn ganz kräftig.
Der chinesische Lkw-Fahrer hat nur ein paar Schürfwunden am Bein und seine mitfahrende Familie, bestehend aus Frau und zwei Kindern sind ebenfalls wohlauf.
Wolfgang erzählt, etwa 25 km/h gefahren zu sein, als der MAN plötzlich nicht mehr zu bremsen bzw. zu lenken war – sich nur noch gerade aus bewegte und dann der Crash!
Die Erklärung findet sich (besser als im Trockenen erkennbar), als es wieder anfängt zu regnen. Die ganze Straße ist an dieser Stelle voller Öl. Wahrscheinlich war hier schon einmal ein Unfall, bei dem Öl ausgelaufen und nicht beseitigt worden ist. Man kann das Öl auf der Straße gut oben auf dem ersten Unfallfoto sehen.
Selbst mit meinen Converse kann ich auf der Straße schlittern wie bei Glatteis früher als Junge. Aber das tut letztlich nichts zur Sache – im Ausland bekommt man nie Recht. Wir warten auf die Polizei und unseren chinesischen Guide wegen Übersetzung.
Zwischenzeitlich bildet sich ein größerer Stau, da nur kleinere Fahrzeuge zwischen Unfall und Baum vorbeikommen. Wir tun unser Bestes und weisen den einen oder anderen frechen (also eigentlich alle!) chinesischen Lkw-Fahrer in die Schranken – die Herren hätten nämlich gerne mal schön den ganzen Verkehr lahmgelegt, indem sie die kleine Lücke zwischen Unfall und Baum auch noch dicht gemacht hätten.
Ein Bus mit Taubstummen trifft ein – diese laufen überall neugierig herum und gestikulieren. Jetzt wird`s skurril und auch nervig! Volksfeststimmung macht sich breit – alle super-neugierig und wichtig.
Nach etwa drei Stunden des Wartens taucht die Polizei und dann auch unser Guide auf. Die polizeilichen Formalitäten werden geklärt.
Problem: Wolfgangs MAN muss zur näheren polizeilichen Untersuchung am nächsten Tag zurück in einen entfernten Ort gebracht werden. Da wir, das betrifft aber auch Wolfgang und Carmelita, aber definitiv am nächsten Tag aus China ausreisen müssen, würde der Lkw alleine zurück bleiben müssen und über ein schwieriges Zollverfahren über die Deutsche Botschaft dann später aus China herausgeschafft werden müssen – vrrs. Zeithorizont bis zu einem halben Jahr.
Jetzt läuft die Orga-Maschine über die chinesische Agentur in Peking an.
Wir versuchen zunächst mit der Winde von Max den MAN zur Seite zu ziehen, damit der Verkehr wieder fliesen kann. Das ist nicht so einfach und braucht seine Zeit, da wir die Lenkung des MAN nicht freibekommen – damit den MAN auch nicht wirklich an den Straßenrand ziehen können. Der chinesische Polizist flippt irgendwann aus und fängt an herumzubrüllen! Die Nerven liegen blank. Am Ende klappt es dann aber doch.
Kleines Video vom ersten Anziehen des MAN mit der Winde:
https://dl.dropboxusercontent.com/u/68801596/Accident%20Clearing%20MAN.MOV
Am Ende steht der MAN zwar immer noch im Weg, aber die Sattelschlepper können knapp vorbei.
Wir fahren mit Max, Heidi, Andreas und Eva noch ein paar Kilometer weiter und übernachten auf diesem Platz, bevor wir am nächsten Tag nach Laos ausreisen.
In der Nacht noch wird der MAN mittels Kran auf einen Tieflader verladen, von der Polizei untersucht, und am nächsten Tag zur Grenze nach Laos geschafft. Letztlich eine organisatorische Meisterleistung. Derweil hat Wolfgang mit dem chinesischen Lkw-Fahrer einen “teuren” aber unvermeidlichen Vergleich geschlossen – das polizeiliche Verfahren wird daraufhin eingestellt, die beiden können ausreisen. Puuuhhh! Glück im Unglück.
Wir verabschieden uns aus China mit diesem wohl eher seltenen Fund am nächsten Tag kurz vor der Grenze nach Laos.
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