Hanoi – war für mich, aus Zeiten meiner Jugend, des Vietnamkrieges, unreflektiert immer die “graue Hauptstadt” des kommunistischen Teiles des Landes; wohl von der westlichen “imperialistischen” Presse beeinflusst, für mich immer auch ein wenig düster und böse. Dabei ist es in meinem Bewusstsein bis zum Eintreffen in der Stadt bildartig gespeichert auch geblieben. Oh welche Überraschung aber dann.
Seine ausladenden Alleen und Boulevards, die innerstädtischen Seen, Parks, seine intakte Altstadt machen Hanoi heute sicher zu einer der elegantesten und spannendsten Städte Asiens.
Die energiegeladene Metropole entwickelt sich mit hoher Geschwindigkeit weiter und die Bewohner Hanois scheinen fortwährend auf dem Zweirad in Bewegung zu sein. Hier tummeln sich Tag und Nacht ohne erkennbare Pause Straßenhändler sowie Unmengen von Motorradfahrern – der vietnamesische Schwarm – und Fußgänger.
Im Leninpark vollführt der Nachwuchs der kommunistischen Partei morgens noch militärische Übungen, während eine neue Generation junger Vietnamesen lässig die kosmopolitischen Bars, unzähligen Cafés und Restaurants mit ihren Pads bevölkert und sich offensichtlich einem gänzlich anderen – viel bunteren – Wertesystem verschrieben hat.
Wir parken unsere Wohnmobile außerhalb der Stadt auf einem großen überwachten Parkplatz. Unser Hotel liegt günstig am Rande der Altstadt.
Erste Versuche am Abend die “belebte” Straße vor unserem Hotel mit einem nicht versiegen wollenden Strom von tausenden von Zweirädern überqueren zu wollen, scheitern kläglich – wir sind zu zaghaft! Wir Feiglinge nehmen die Ampel 100 Meter weiter – selbst da wirkt es aber noch ein Bisschen gefährlich!
Später lernen wir, dass das eigentlich ganz einfach ist. Man muss nur ganz langsam los- und dann langsam mit Bedacht immer, immer weiter bis zur anderen Straßenseite laufen, sich durch den Schwarm quasi hindurchtreiben lassen; dieser teilt sich um einen herum und brummt an einem vorne und hinten vorbei. Nach einiger Übung macht`s sogar einen Heidenspaß.
Besuch bei Onkel Ho
Onkel Ho nennen die Vietnamesen liebevoll ihren ehemaligen Revolutionsführer, Vorsitzenden der kommunistischen Partei und Staatspräsidenten Ho Chi Minh, der sie zunächst vom Joch der französischen Kolonialmacht und später im Ergebnis auch vom amerikanischen Imperialismus befreit hat.
Entgegen seinem ausdrücklichen testamentarischen Wunsch wurde er dann doch einbalsamiert und in einem für ihn nach “Lenin-Muster” erbauten Mausoleum aufgebahrt. Einmal jährlich fährt er nach Moskau zur Inspektion bzw. Maintenance – die Russen sollen Spezialisten für`s Einbalsamieren sein.
Onkel Ho`s Mausoleum können wir uns nicht entgehen lassen. Wir stellen uns an. Keine Fotos vom Leichnam – nicht erlaubt! Sah aber schon ein Wenig wächsern aus der Gute – Madame Tussauds?
Hinten wieder hinaus landen wir im historischen Park des vietnamesischen Staatspräsidenten – auch hier allgegenwärtig “Onkel Ho”.
Präsidentenpalast seit Ho Chi Minh
… es geht weiter zum …
… ehemaligen Wohnhaus Ho Chi Minhs mit Badesee sowie Garage mit Pkw`s
Es fängt an, zu schütten – wir gönnen uns abgekämpft und schweißnass eine kleine Pause und studieren … u.a. die nächsten Besichtigungsschritte.
Ho Chi Minh Museum
Veteranentreffen auf der Rückseite des Mausoleums
Weiter geht es zur Einsäulenpagode. Diese ist wegen ihrer außergewöhnlichen Bauweise ein Wahrzeichen der Stadt. Ursprünglich 1049 von König Ly Thai Tong als Holztempel auf einem Baumstamm errichtet, steht die Pagode heute ganz unromantisch auf einem Betonsockel. Der Legende nach erschien dem kinderlosen König im Traum eine auf einer Lotusblüte sitzende Göttin und überreichte ihm einen Sohn. Als er kurze Zeit später tatsächlich Vater wurde, ließ er die Pagode aus Dank in der Form einer Lotusblüte errichten.
Wir machen uns zu Fuß durch die Straßen Hanois auf den Weg zum Literaturtempel.
Der Begriff Literaturtempel für die Anlage ist eigentlich ein Wenig irreführend. Die Anlage diente nie in erster Linie religiösen Zwecken. 1070 vom dritten Kaiser der Ly-Dynastie Thanh Tong erbaut, handelte es sich von Anbeginn an um die erste Akademie bzw. Universität des Landes, in der zwischen 1076 bis 1915 die Söhne der Mandarine und verschiedene Hochbegabte der bürgerlichen Aristokratie unterrichtet wurden.
Die Gründung der Anlage erfolgte zu Ehren von Konfuzius.
Vom Literaturtempel aus begeben wir uns zum Mittagessen Richtung Altstadt Hanois. Alles sehr ursprünglich und von großen Neubauvorhaben unberührt bzw. unzerstört. Hier läuft etwa die Eisenbahn noch mitten durch die Stadt.
Auch in der Altstadt ist der Zweiradverkehr atemberaubend.
Am anderen Ende der Altstadt nähern wir uns einem der innerstädtischen Seen, dem Hoan-Kiem See. In einem am Ufer des Sees befindlichen Café essen wir eine Kleinigkeit zu Mittag. Ich trinke einen von den leckeren nach Kakao schmeckenden Iced Coffee`s. Danach geht`s erst mal nach Hause ins Hotel zum Relaxen.
Jeden der Abende in Hanoi verbringen wir – wie langweilig – beim Italiener. Namentlich im Ristorante Mediterraneo. Wir können nicht davon lassen. Das Restaurant, von einem echten Italiener betrieben – wirklich leckere italienische Küche! Zugegeben allerdings auch, die vietnamesische Küche kommt deutlich zu kurz. Nach den Monaten des Reisens aber vielleicht verständlich.
Am nächsten Tag dehnen wir unsere Erkundungen Richtung Botschaftsviertel, Goetheinstitut und Musée des Beaux Arts aus. Dabei durchstreifen wir auch das Regierungsviertel im Stadtteil Ba Dinh – eigenartig von der Außenwelt abgeschirmt. Wir werden von einem Soldaten sogar gebeten, den Bürgersteig der anderen Straßenseite zu benutzen.
Auf der anderen Straßenseite befindet sich die ehemalige Festung der Stadt, die Ruinen der Zitadelle von Thang Long (wörtlich: Kaiserliche Zitadelle des aufsteigenden Drachens). Die Zitadelle war der Kaiserhof mehrerer vietnamesischer Kaiser-Dynastien zwischen 1010 und 1802. Ihre Ausgrabungsstätten sind seit 2010 Weltkulturerbe.
Weiter auf den breiten Alleen Ba Dinh`s mit seinen alten Villen nähern wir uns dem Kriegsmuseum, das wir nicht besuchen. Heute keine Lust auf Krieg.
Der Krieg ist aber verständlicherweise allgegenwärtig in Vietnam, wie wir selbst im Musée des Beaux Arts anhand der hohen Anzahl, der sich mit dem Krieg befassenden Exponate, noch feststellen mussten.
Wir nähern uns dem Goethe-Institut, was man schon an dem vor dem Haus parkenden deutschen Kulturgut gut erkennen kann.
Das Goethe-Institut verfügt über ein deutsches Restaurant. Vermute, das hat mein lieber Freund und Partner Uli U. gemeint, als er mir, im von Hanoi aus geführten Telefonat, das Restaurant der Deutschen Botschaft empfahl. Das haben wir nämlich gesucht und nicht gefunden.
Das nur wenige Straßen weiter gelegene Musée des Beaux Arts hat uns in seiner Einfachheit bzw. Unkompliziertheit der Darbietung der Kunst sehr beeindruckt.
Wie schon angedeutet beschäftigen sich große Teil der Exponate mit den verschieden im 20. Jhdt. geführten Kriegen bzw. kriegerischen Auseinandersetzungen. Dies wirkt jedoch nicht aufdringlich – es bleibt durchaus ausreichend Platz auch für andere Süschääzs.
Diese Bild hat mir besonders gut gefallen …
… und auch Petra hatte schnell ein Lieblingswerk (die Dame in der Mitte) auserkoren.
Auf dem Heimweg lassen wir uns nicht die Haare schneiden – verlockend wäre das ja schon einmal – und wir halten auch keine Nickerchen im Park. Das machen wir wieder im Hotel.
… und abends wieder ins Ristorante Mediterraneo. Am nächsten Tag ist unsere Zeit in Hanoi dann auch schon wieder abgelaufen – tja, wenn man große Teile der Welt auf einer Reise sehen will.
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