Jetzt sitze ich hier im argentinischen Outback jenseits der Anden und muss wirklich mal anfangen, die ersten Tage der Reise in den Blog zu bringen. Kein Internet, sodass die Veröffentlichung zwar noch ein Wenig warten muss – bis zum nächsten Hotel mit WLAN. Aber mal anfangen!
Nach einem superangenehmen Flug von Madrid nach Santiago de Chile mit Iberia in der Business-Class (inklusive Durchschlafen) bin ich am 2.8.14 morgens am Airport von SCL angekommen. Kennenlernen der lieben Mitreisenden noch am Flughafen – wie immer der erste Eindruck: eher ein Gruselkabinett, aber kann ja noch werden. Schlimmer wird`s nimmer. Stefan der Reiseleiter macht aber sofort einen total netten und lockeren Eindruck. Wir verstehen uns sofort. Mit unserem Lkw mit Reisekabine geht`s los über die Ruta 68 Richtung Valparaíso bzw. Vina del Mar, ca. 180 km.
Nach etwa 2 Stunden Fahrt bis nach Vina del Mar (Nachbarort von Valparaíso) ins Hotel “Offenbacher Hof”, betrieben von Chile-Deutschen, die mal in Offenbach gewohnt haben.
Erst mal Einchecken. Nettes kleines Hotel, nettes Zimmer. “Man spricht Deutsch”! Sehr gemütlich!
Blick aus dem Zimmer des Hotels auf Vina del Mar, Richtung Süden und Valparaíso. Da hört`s mit der Beschaulichkeit schon auf. So hatte ich mir Chile eigentlich nicht vorgestellt.
Valparaíso (deutsch Paradiestal) ist Hafenstadt mit ca. 278.000 Einwohnern. Die gesamte Einzugsbereich Valparaísos umfasst etwa 1 Mio. Einwohner.
Valparaíso liegt an einer nach Norden offenen Bucht des Pazifischen Ozeans. Der Hafen ist auch heute noch einer der bedeutendsten des Landes. Die Stadt gilt als kulturelle Hauptstadt Chiles. Im Juli 2003 wurde der historische Stadtkern mit seiner Architektur aus dem 19. und 20. Jahrhundert von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
An der Nordseite der Bucht liegt die Stadt Viña del Mar mit unserer Unterkunft im “Offenbacher Hof”, ein mondäner Urlaubsort mit vielen Hochhäusern (siehe Foto oben) und einem Kasino. Sommerresidenz der Reichen und Schönen aus Santiago de Chile.
Vor der Eröffnung des Panama-Kanals war Valparaíso der erste größere Hafen, den Schiffe nach der Umfahrung von Kap Hoorn erreichten. Deshalb war im 19. Jahrhundert der Hafen der Stadt der wichtigste am südlichen Pazifik und neben San Francisco einer der beiden bedeutendsten Häfen an der Westküste Amerikas überhaupt.
Mit der Eröffnung des Panamakanals verloren Hafen und Stadt an (wirtschaftlicher) Bedeutung.
Die zwei Städte Valparaíso und Viña del Mar liegen nur etwa zehn Kilometer voneinander entfernt.
Generell gilt, dass die Schicht mit höherem Einkommen im jeweiligen Stadtzentrum bzw. vorwiegend in Viña del Mar wohnt, wohingegen die Wohnsiedlungen auf den Hügeln, am Stadtrand und in Valparaíso als ärmere Wohngegenden angesehen werden.
Wir starten unser Besichtigungstour von Vina del Mar aus mit der Metro nach Valparaíso. Das geht am schnellsten und man muss im engen Valparaíso keinen Parkplatz suchen. Richtig gehört, es gibt tatsächlich eine U-Bahn!
In der Metro wird`s schon südamerikanischer – gleich ein Gitarrist und Sänger mit schönen Klängen. Teilweise auch oberirdisch fährt die Metro an der Küste entlang mit Blick auf den Hafen Valparaísos. Sehr stimmungsvoller Einstieg!
Wir steigen an der Endstation “Estacion Puorto” aus und landen direkt im Herzen Valparaísos, dem Plaza Sotomayor, mit dem Denkmal für den Sieg im Salpeterkrieg und der Zentrale der chilenischen Marine (Armada de Chile) im Hintergrund.
Der Salpeterkrieg (auch Pazifischer Krieg “Guerra del Pacífico”) wurde zwischen Chile einerseits, Peru und Bolivien andererseits um Gebiete im heutigen Norden Chiles in den Jahren 1879 bis 1884 geführt. Zwar verlor der heute als Seeheld gefeierte Hauptmann Arturo Prat (als Statue oben auf dem Denkmal) die wichtige Seeschlacht bei Iquique, aber dennoch gewannen die Chilenen den Krieg.
Am 4. April 1884 kam zwischen Chile und Bolivien der Friedensvertrag von Valparaíso zustande. Darin erhielt Chile die Küstenregion um Antofagasta, was Bolivien neben dem Verlust einer Provinz auch gänzlich den Zugang zum Pazifik kostete. Bolivien wurde dadurch wieder zu einem Binnenstaat. Hafenstädte wie Antofagasta, Iquique und Arica wurden endgültig ins chilenische Staatsgebiet eingegliedert.
Durch diesen Krieg besaß Chile nun die immensen Salpetervorkommen, die auch von britischen und deutschen Unternehmen abgebaut wurden. So kam Chile in der Folgezeit zu beträchtlichem Reichtum.
Das Verhältnis der drei Staaten ist noch immer stark belastet. Seit 1920 macht Bolivien den Verlust des Meereszugangs für seine schwache politische und wirtschaftliche Situation verantwortlich und fordert die Revision des Friedensvertrags und einen souveränen Korridor zum Meer.
Zentrale der chilenischen Marine (“Armada de Chile”).
Blick von der Zentrale der chilenischen Marine Richtung Hafen und Vina del Mar auf der anderen Seite der Bucht im Hintergrund.
Seitenstraße des Plaza Sotomayor.
Reinstes Bauhaus direkt neben Zuckerbäcker-Marine-Zentrale.
Leben auf der Plaza Sotomayor.
Und die tollen alten Oberleitungsbusse, die hier überlebt haben.
Nach dem Verspeisen einiger Empanadas (Mittagsessen) auf dem Platz geht es weiter, wir wollen die höhergelegenen Stadteile in Augenschein nehmen.
Noch so Traditionsverein.
In der Stadt, die sich über eine Vielzahl von Hügeln, die Cerros erstreckt, finden sich eine riesige Anzahl historischer Gebäude. Die Altstadtviertel Cerro Alegre und Cerro Concepción sind beliebte und belebte Wohnorte von Künstlern und Studenten. Hostels und hohe Kneipendichte! Bereits den chilenischen Nationaldichter Pablo Neruda, der in Valparaíso lebte und dessen letzte Wirkungsstätte heute das Neruda-Museum beherbergt, faszinierten die zahllosen Treppen und berühmten Aufzüge zu den Hügeln der Stadt. Die 15 Ascensores – Aufzüge bzw. Standseilbahnen führen hinauf auf die wichtigsten Hügel. Wir nehmen den Ascensor El Peral zum Cerro Alegre.
Eine Fahrt kostet etwa 30 Cent.
Erinnert vom Prinzip her entfernt ein Wenig an die Nerobergbahn. Auch die Ascensores wurden früher mit Wasser, später mit Dampf und heute elektrisch betrieben.
Oben angekommen haut ein der Blick über die Bucht erst einmal um!
Im Hintergrund Vina del Mar.
Alte Villa (Palacio Barburizza) auf dem Cerro Alegre, beherbergt heute ein Kunstmuseum und ein Café. Wir trinken dort einen cafe cortado.
Blick auf die dicht besiedelten Hügel.
Richtung Vina del Mar.
Altstadtspaziergang auf dem Cerro Concepcion.
Überall geistreiche und schöne Graffitis, es scheint geradezu ein Wettbewerb in der Stadt ausgebrochen zu sein.
Selbst die Hundehütten sind bunt bemalt. Die Chilenen scheine Hunde zu lieben, es gibt extrem viele.
Etwas modernerer Oberleitungs-Bus.
Wäre ja gerne noch ein Bisschen in der Stadt geblieben und hätte ein Weinchen in einer der vielen Kneipen getrunken, aber gegen 17:00 h treten wir die Rückreise an. Ich fahre mit, da sich nun doch erste Erschöpfungserscheinungen vom Flug zeigen. Heimweg.
Straßenmusik.
Die Sonne geht unter – Adios Valparaíso!
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