Nach kurzer Fahrt kommen wir am 28. September wieder in der Zivilisation an, dem Städtchen Broome – nett gelegen am indischen Ozean. Das Gebiet der heutigen Siedlung wurde ursprünglich von den Yawurru People, einem Volk der Aborigines, bewohnt. 1688 und 1699 stellte der Entdecker William Dampier die ersten Erkundungen der Region mit der HMS Roebuck an. Nach diesem Schiff benannte man später die Bucht Roebuck Bay, an der sich das Städtchen heute befindet. Broome selbst wurde erst 1883 gegründet. Namensgeber war der damalige Gouverneur der Kolonie Westaustralien, Frederick Broome.
Als bekannt wurde, dass auf dem Meeresboden der Küste Perlen zu finden sind, erlebte Broome durch den Perlenrausch einen ungeheuren Aufschwung und wurde zur „Perlenhauptstadt der Südhalbkugel“. Die Perlenindustrie des Ortes deckte immerhin 80 Prozent des weltweiten Perlmutt-Bedarfs (insbesondere zur Herstellung von Knöpfen). Über 5.000 neue Siedler, hauptsächlich Chinesen, Japaner, Aborigines, aber auch Südsee-Insulaner wurden angelockt. 1910 zählte man in der Roebuck Bay fast 400 Perlentauch-Boote, so genannte “lugger”. 1929 endete mit der Weltwirtschaftskrise und dem vermehrten Aufkommen von Kunst- und Zuchtperlen der Perlenboom -der Ort fiel in die Bedeutungslosigkeit.
Anfang der 1950er Jahre erlebte Broome zwar eine kleine Wiedergeburt der Perlenindustrie, wirtschaftliche Haupteinnahmequelle ist in der jüngeren Geschichte aber der Tourismus. Während der Hochsaison leben in Broome ca. 30.000 Einwohner, sonst sind es nur ca. 14.000 Menschen.
Wir parken unser Gefährt in der Innenstadt und machen einen “Kleinstadtbummel”. Eine im Lonely Planet als herausragend beschriebene Galerie für Aborigine-Kunst finden wir nicht; später erfahren wir, dass sie schließen musste – schade. Wir entspannen im Cafe bei einem iced-coffee, gehen bei Coles einkaufen und halten Ausschau nach einer “der” Attraktionen Broomes, dem Sun-Pictures-Kino.
Das Kino Sun Pictures, eröffnete im Jahre 1916 und ist damit das älteste Open-Air-Kino der Welt. Leider fanden wir keine Zeit eine abendliche Vorstellung unter dem Sternenhimmel Westaustraliens zu genießen.
Da es noch zu früh für das Aufsuchen eines Campgrounds ist, besuchen wir eine weitere Sehenswürdigkeit Broomes, den japanischen Friedhof mit 600 Gräbern aus der Zeit des Perlenbooms. Opfer der Dekompressionskrankheit, ertrunken, von Haien zumindest angeknabbert. Zunächst kämpfen wir uns in der brütenden Mittagshitze über den “normalen” Friedhof, weitenteils ein Ruinenfeld, bis wir zum abgezäunten Areal der toten Japaner kommen.
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Nur 23 Jahre alt geworden!
Schweißgebadet machen wir uns zum Campground in der Nähe des Cable Beach, eines 20 km langen Sandstrandes, benannt nach der ehemaligen Telegraphenleitung zwischen Broome und der Insel Java, auf. Wir genießen die Segnungen des Platzes mit Pool, Strom für die Klimaanlage und Waschmaschine. Abends lernen wir ein deutsches Rentnerpaar kennen, das nach Australien ausgewandert ist und dort nun, im Wohnmobil umherziehend, seinen Lebensabend “genießt”. Keine feste Bleibe, er, von Beruf Frisörmeister aus München (Frisörladen verkauft), bessert die Lebenshaltung auf, indem er Besuchern des Campingplatzes die Haare schneidet. Während der dry season leben sie auf besagtem Platz nahe Boome, zur wet season geht es wieder nach Südaustralien auf einen dortigen Campground. Wie kann man nur so leben – fragen wir uns, und das auch noch ganz toll finden – wir persönlich verstehen es nicht!
Am nächsten Tag steht Cape Leveque auf dem Reiseplan.
Cape Leveque an der nördlichsten Spitze der Dampier Peninsula gelegenen soll ein weitgehend unerschlossenes Paradies aus funkelndem Wasser und roten Klippen sein. Wir wollen dort eine Nacht bleiben. Das vom Rest der Welt komplett abgeschnittene Gebiet ist nur aus der Luft oder mit dem Geländewagen über 250km Piste von Broome aus zu erreichen. Also wieder Männerstraße. Toyotengelände!
Videoausschnitt:
https://dl.dropboxusercontent.com/u/68801596/Australien/GOPR0122%20CL%20Gegenverkehr.MP4
Trotz Allrad sehr schwierig zu fahren die Piste, da abwechselnd Wellblech und tiefer Sand. Man kommt dann so mit 70-80 Stundenkilometern angebraust, um das Schütteln des Wellblechs in Grenzen zu halten und landet unerwartet in einem tiefen Sandkasten, kommt ins Schlingern, weiß gar nicht was man zuerst tun soll – lenken, bremsen, … Augen zu machen? Am besten stellt man es sich vor, wie wenn man mit zu hoher Geschwindigkeit in tiefen Schnee oder Matsch rauscht. Erschwerend, dass die Piste die Form einer Dachrinne hat. In der Mitte ist sie zu ausgefahren, d.h. man muss am Rand fahren – man meint die ganze Zeit das Fahrzeug neige dazu, in die Pistenmitte zu kippen. Volle “Männer”-Konzentration ist angesagt. Die Gattin liest zur Beruhigung Krimis. Was den Fahrer wiederum irritiert.
Unterwegs machen wir einen Kultur-Abstecher in Aborigine-Land – nach Beagle Bay. Ein trauriger Anblick diese Aborigine-Ansiedlung(en). Ungepflegte Bungalows mit haufenweise Schrottautos davor. Schon sehenswerter und sehr gut in Schuss die alte Kirche des Ortes.
Die Kirche hat einen muschelförmigen Altar aus Perlen, der im Jahre 1918 von Pallotiner Mönchen gefertigt wurde. Trotz des Muschelschmucks schön schlicht das Ganze.
In Cape Leveque angekommen eine Enttäuschung. Der Campground is overbooked tonight, wir können nicht bleiben. Vielleicht auch ganz gut so, denken wir uns, schön isser nämlich wirklich nicht. Wir laufen zu Fuß runter zu den Klippen und dem Strand.
Dann fahren wir wieder zurück nach Broome.
Leider gibt`s noch einen kleinen Zwischenfall zu berichten. Im Nachhinein nicht wirklich tragisch, die Sache hat mich aus bestimmten Gründen jedoch den ganzen restlichen Australienaufenthalt beschäftigt. Beim Verlassen des Kooljamans-Gelände am Cape Leveque ist die Straße sehr, sehr schmal und tief sandig. Es kommt ein Pickup entgegen. Dieser hält an, da wir nicht so einfach aneinander vorbeikommen werden. Will wohl, dass ich vorbeifahre! Und ich Blödmann mache doch tatsächlich den Fehler, zu versuchen über die Sandböschung an ihm vorbeizuziehen. Rutsche mit dem Hinterteil ab. Bemerke das aber zunächst nicht. Rasiere seinen Außenspiegel, Petra brüllt stopp, ich versuche zu retten, was zu retten ist und zerkratze auch noch seinen hinteren Kotflügel. Bei uns nichts kaputt.
Soweit ärgerlich, aber noch nicht wirklich problematisch. Ich steige aus, weiterer Gegenverkehr ist in der Warteschleife. Biete dem Fahrer an, den Schaden sofort zu bezahlen. Dieser lehnt, unter Hinweis darauf, dass es sich um einen Mietwagen handele, ab. Er notiert Kennzeichen, meinen Namen, ich gebe ihm unsere neue australische Mobilfunknummer und überreiche ihm, wobei ich da nicht ganz 100% sicher bin, unsere Visitenkarte mit e-Mail-Adresse. Er will sich am nächsten Tag melden. Das tut er jedoch nicht.
Ab dann zermartere ich mir das Hirn, ob ich ihm tatsächlich in der Hektik auch die richtige Mobilfunknummer aufgeschrieben habe und/oder, ob ich ihm tatsächlich unsere Visitenkarte gab? Eigenartig auf jeden Fall und ich lebe den restlichen Australienaufenthalt mit schlechten Gedanken an Anzeigen wegen Fahrerflucht etc. Wirklich beruhigt bin ich erst, nachdem wir in Sydney am Flughafen durch die Passkontrolle sind. Überflüssig zu bemerken, dass der restliche Tag und die Heimfahrt nach Broome nicht zu den Highlights der Reise gehörten. Die Gattin schimpft mit ihrem nun ausgewiesenermaßen schlechten Fahrer.
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