… aktuelle Situation Nepals
Nepal ist das ärmste Land Südasiens. Das jährliche Bruttonationaleinkommen pro Kopf beträgt weniger als 500 US-Dollar. Fast jedes zweite Kind leidet an Mangel- oder Unterernährung. Nur rund 60 Prozent der Erwachsenen können lesen und schreiben. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung (HDI) von 2011 liegt Nepal auf Platz 157 der 187 aufgeführten Länder.
Der langjährige bewaffnete Konflikt mit aufständischen Maoisten hat die Entwicklung des Landes massiv behindert. Zwar wurde 2006 ein Friedensprozess eingeleitet, doch die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft haben sich kaum verbessert. Die Wachstumsraten sind zu niedrig, um die Armut, die sich durch steigende Lebensmittel- und Benzinpreise (ca. € 1,10/Ltr.) noch verschärft hat, zu reduzieren. Besonders betroffen sind Frauen, Kinder und Angehörige von Minderheiten sowie traditionell benachteiligten Kasten wie den Dalits. Diese sogenannten „Unberührbaren“ machen rund zehn Prozent der Bevölkerung aus.
Konfrontiert mit einer Vielzahl von wilden Streiks und Störungen des öffentlichen Lebens sind die staatlichen Akteure bislang nicht in der Lage, landesweit für Recht und Ordnung zu sorgen. Insbesondere im Terai, dem südlichen Tiefland an der Grenze zu Indien, kommt es häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen politischen und ethnischen Gruppierungen, der lokalen Bevölkerung und staatlichen Sicherheitskräften. Das Mandat der Mission der Vereinten Nationen in Nepal (United Nations Mission in Nepal, UNMIN) wurde angesichts der instabilen Situation wiederholt verlängert, endete jedoch endgültig im Januar 2011.
Nach dem Ende des Bürgerkriegs wurde im Jahr 2007 zunächst eine vorläufige Verfassung verabschiedet. Seitdem ist es nicht gelungen, eine endgültige Verfassung zu erarbeiten. Eine Reihe von Kernpunkten ist noch ungelöst. Differenzen bestehen zum Beispiel in Fragen der Regierungsform, des Wahlsystems und der künftigen föderalen Struktur Nepals.
Die rechtliche Aufarbeitung des Bürgerkriegs hat noch nicht begonnen: Viele Menschenrechtsverletzungen, die durch die Armee und die Maoisten begangen wurden, sind noch nicht aufgeklärt. Im November 2011 vereinbarten die vier wichtigsten nepalesischen Parteien zu diesem Zweck die Einrichtung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission.
Gebremstes Wirtschaftswachstum
Alle Regierungen der vergangenen Jahre verfolgten eine entwicklungsorientierte und marktwirtschaftliche Politik. Auch die vom Volk ungeliebte aktuelle Regierung unter maoistischer Führung bemüht sich um eine Liberalisierung der Wirtschaft, ein armutsorientiertes Wachstum, die Abmilderung des starken Stadt-Land-Gefälles sowie den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur. Doch die politische Instabilität, mangelnde Rechtsstaatlichkeit, eine schwerfällige Bürokratie, erhebliche Energieengpässe (tägliche Stromausfälle über mehrere Stunden), ein unzureichendes Bildungssystem und der Mangel an Fachkräften behindern die Entwicklung und schrecken Investoren ab. Nepal steht wirtschaftlich zudem in starker Konkurrenz zu seinen übermächtigen Nachbarn Indien und China.
Ein weiteres Hemmnis ist die weit verbreitete Korruption. Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex der Nichtregierungsorganisation (NRO) Transparency International von 2011 steht Nepal auf Platz 154 von 182 Staaten und hat sich damit innerhalb von drei Jahren um mehr als 30 Plätze verschlechtert.
Etwa 90 Prozent aller nepalesischen Unternehmen sind Kleinbetriebe. Sie leisten zwar einen wichtigen Beitrag zur Beschäftigung, tragen aber nur vier Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Ein Drittel des Staatshaushalts wird von der internationalen Gebergemeinschaft im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit finanziert. Einen weiteren entscheidenden Posten stellen die Rücküberweisungen der 2,5 bis 3 Millionen Nepalesen dar, die im Ausland arbeiten. Nach Schätzungen machen die Finanztransfers der Arbeitsmigranten bis zu 25 Prozent des nepalesischen Bruttoinlandsprodukts aus. Mit diesem Geld decken die Familien der Migranten jedoch in erster Linie ihre Lebenshaltungskosten – die Mittel fließen kaum in entwicklungsförderliche Investitionen.
Nepal ist ein von Subsistenzwirtschaft geprägter Agrarstaat. Obwohl sich nur etwa 17 Prozent der Landesfläche für die landwirtschaftliche Nutzung eignen und eine große Abhängigkeit vom Monsun besteht, arbeiten knapp 70 Prozent der Erwerbstätigen in diesem Wirtschaftszweig. Weil immer häufiger Flächen genutzt werden, die eigentlich nicht für die Landwirtschaft geeignet sind, kommt es zu Erosionsschäden. Dadurch steigt das Risiko von Erdrutschen und Flutkatastrophen.
Verschärft wird die Situation durch den globalen Klimawandel. Nach einer 2010 veröffentlichten Studie gehört Nepal zu den Ländern in Asien, die besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden – etwa in Form von häufigeren Unwettern, Dürren und Überschwemmungen.
Quelle: BMZ Bundesminsiterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit