Daily Archives: 11. Februar 2015

Araukanien–Mapuche Welt

Nach zweistündigem Flug von Santiago aus, landen wir in der Nähe von Temuco der Hauptstadt der Region Araukanien ca. 800 km südlich der Hauptstadt.

Temuco (250.000 Einwohner) ist die sich am schnellsten entwickelnden Stadt Chiles. Es werden hier vor allem die Agrarprodukte der Region verarbeitet. Vom neu gebauten Flughafen aus geht es zunächst hinein nach Temuco, um im Supermarkt an der “Av. Alemania” Wasser und ein paar Hefte und Stifte für den später geplanten Besuch einer Schule der Mapuche-Indianer zu kaufen. Hier ist Einwanderungsgebiet vieler Deutscher und Schweizer. Man stößt überall auf deutsche Namen.

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Temuco verlassend schlagen wir die Route Richtung Carahue gen Westen ein. Unterwegs entdecken wir eine Sammlung alter Dampfmaschinen die früher hier in der Landwirtschaft eingesetzt wurden.

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Die Gegend ist landwirtschaftlich geprägt – Dörfer und Getreidefelder sowie Weiden für Kühe und Rinder wechseln sich ab.

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Bei Carahue überqueren wir den Rio Imperial auf einer schönen alten Brücke – es geht jetzt südwärts zu unserem Tagesziel nahe des Lago Budi.

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Bei Porto Dominguez, bereits am Budi See, gelegen stoßen wir auf erste Anzeichen der Mapuche Kultur.

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Holzskulpturen eines Künstlers der Ureinwohner dieser Region, den Mapuche.

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Nicht so ganz mein Fall die Skulpturen – da gefällt mir diese Art der Mapuche-Kunst schon besser. Geschmacksache!

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Blick auf den Lago Budi.

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Wir werden anderthalb Tage in einem Mapuche Dorf verbringen.

Die Mapuche (früher auch zusammen mit anderen Völkern der Gegend Araukaner genannt) sind eines der indigenen Urvölker Südamerikas.  Die Mapuche teilen sich in diverse Regionalidentitäten auf, so zum Beispiel die Picunche (Menschen des Nordens), die Huilliche, die Lafkenche (Menschen des Meeres), die Wenteche (Menschen der Täler) und die Pehuenche, die die bekannteste und größte Gruppe bilden.

Die Picunche, das Volk des Nordens, wurde bereits in vorkolumbischer Zeit von den Inka niedergerungen und als Fronarbeiter eingesetzt.

Die Mapuche, genauer die Pehuenche und Teile der Huilliche widersetzten sich der spanischen Kolonisation mit erbitterter und, im Gegensatz zu den meisten anderen indigenen Völkern Amerikas, häufig erfolgreicher Gegenwehr.

1546 trafen spanische Konquistadoren unter Pedro de Valdivia am Fluss Bío Bío (östlich von Temuco) erstmals auf die Mapuche, die die Kolonisatoren zunächst einmal erfolgreich am Aufbau einer Festung hinderten.

Erst 1550 gelang es den Spaniern, die Stadt Concepción zu gründen. Die Mapuche entschlossen sich daraufhin zum Krieg. Im Dezember 1553 kam es zur Schlacht von Tucapel, die mit einem Desaster für die Spanier endete und in der Valdivia selbst zu Tode kam. Angeblich nahmen ihn die Mapuche gefangen und zwangen ihn, flüssiges Gold zu trinken.

In der Folgezeit zerstörten die Indianer die meisten der von Siedlern gegründeten Ansiedlungen im Süden des Landes und verhinderten damit eine weitere Kolonisierung Chiles nachhaltig. Zu einem weiteren großen Aufstand kam es in den Jahren von 1598 bis 1604, nachdem die Huilliche die spanischen Truppen 1598 in der Schlacht von Curalaba noch einmal vernichtend geschlagen hatten. Dabei war auch der spanische Gouverneur Chiles, Martín García Óñez de Loyola, getötet worden. Die spanische Verwaltung in Südchile konnte sich danach nur noch auf der Insel Chiloé halten.

Der andauernde Widerstand der Ureinwohner zwang die Spanier 1641 zur Anerkennung einer unabhängigen Mapuche-Nation im Vertrag von Quillín. Darin wurde der Bío-Bío-Fluss als faktisch schon seit 1602 bestehende Grenze zum Mapuchegebiet festgeschrieben und dem Volk der Mapuche Souveränität zugebilligt, ein in der Geschichte indigener Bevölkerungen in Südamerika einzigartiger Vorgang. Zwar kam es auch danach immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen und Eroberungsversuchen, doch hatte die Grenzziehung im Wesentlichen bis zum Ende der Kolonialzeit Bestand.

1825 erkannte auch das mittlerweile unabhängige Chile die Unabhängigkeit der Mapuche ausdrücklich an. Erst im Rahmen der 1861 vom Präsidenten José Joaquín Pérez ausgerufenen so genannten „Befriedung Araukaniens“ wurde das Mapuche-Gebiet gewaltsam an Chile angegliedert und im Jahre 1883 endgültig unterworfen. Anschließend wurde der Süden Chiles und damit die bislang von den Mapuche bewohnten Gebiete massiv von neuen Einwanderern aus Europa, darunter besonders viele Deutsche, besiedelt. Die verbliebenen Mapuche mussten große Teile ihrer angestammten Siedlungsräume verlassen und wurden in verhältnismäßig kleinen Reservaten konzentriert, wo sie infolge der räumlichen Enge häufig kein Auskommen fanden. Verarmung, Kriminalität, soziale Konflikte mit den europäischen Neuansiedlern und schließlich Abwanderung in die Städte waren die Folge. 1934 scheiterte der letzte größere Aufstand der Mapuche bei Ranquil.

Gewisse Verbesserungen ergaben sich für die Mapuche unter der Regierung Salvador Allendes, der die massive Enteignung von Landwirtschaftsbetrieben vorantrieb, was zur Rückgabe von Land an die Bewohner führte. Auch war geplant, zweisprachigen Schulunterricht zu ermöglichen. Unter der Pinochet-Diktatur wurde die Enteignung der Großgrundbesitzer jedoch wieder rückgängig gemacht. Es folgten neuerliche schwere Repressalien (v. a. durch die Abschaffung des Gemeineigentums, was faktisch die Enteignung der Mapuche-Gemeinschaften bedeutete). Zudem wurde der Río Bío Bío gestaut, was weite Landstriche des Mapuche-Landes unter Wasser setzte.

Am Tagesziel angekommen – checken wir ein.

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Es steht zur Wahl die Übernachtung in einer sogenannten Ruka (s.u.) …

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… oder in einer Hütte.

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Ich entscheide mich klar für Hütte ohne Krabbeltiere – auch wenn ich in das Zimmer kaum meine Reisetasche hineinbekomme.

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Kaum “eingecheckt” schon geht das Programm los. Wir werden mit Ochsenkarren abgeholt und ins Mapuche-Dorf “gekarrt”.

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Dort angekommen erwartet man uns bereits in einer Ruka, dem traditionellen Haus der Mapuche aus Holz und Lehm. Diese haben keinen Fußboden, da die Mapuche die Erde als Mutter ansehen und nichts zwischen sich und der Erde haben wollen. Eine Ruka hat keine Fenster. Die Türöffnung weist immer Richtung Osten. In der Mitte befindet sich stets das Feuer, dem die Mapuche heilende Kräfte zuschreiben. IMG_0764 (Mittel)

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Der Dorfvorstand erläutert uns anhand der Schamanentrommel (kultrún) die Mapuche-Weltanschauung. Die Vierteilung der Trommel korrespondiert mit den vier Himmelsrichtungen, den vier Elementen, den vier Jahreszeiten etc.. Hab nicht ganz so gut aufgepasst!

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Danach gibt es, ausgeführt durch die Kinder des Dorfvorstandes, eine sehr authentische, weil wenig professionell wirkende, Musik- und Tanzvorführung.

Die traditionelle Mapuche-Musik gehört hauptsächlich zum religiösen Bereich, daneben gibt es aber auch Liebeslieder und Gesänge über die Heimat. Es werden Perkussionsinstrumente verwendet, z. B. ausschließlich für den rituellen Gebrauch das kultrún (eine flache Kesseltrommel, die als Schamanentrommel verwendet wird – siehe Bilder oben) und die cascahuillas (Schellen). Zwei weitere charakteristische Instrumente sind die trutruca, eine Naturtrompete, die aus dem Rohr einer Bambusart (colihue) und einem Mundstück besteht, sowie die Maultrommel trompe.

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Danach geht`s zum Abendessen, das durch die Familie gekocht wurde. Leckerer Seefisch aus dem Lago Budi (Salzwassersee) und die wahrscheinlich besten Kartoffel, die ich je gegessen habe. Blick in die Küche.

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Nach dem Abendessen direkt ins Bett, ich bin hundemüde – zu viel Programm!

Am nächsten Morgen warte ich auf das Frühstück, das in die Hütte serviert werden soll und fotografiere noch einmal ein paar Rukas und den Blick auf den See.

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Ganz im Hintergrund – auf dem Foto nur schwer zu erkennen – der Pazifik. Man hört das Rollen der Wellen. Das ist auch die Erklärung, warum der Lago Budi ein Salzwassersee ist. Ab und an verschafft sich der Pazifik Zugang zum See. Und das nicht nur anlässlich der hier regelmäßig immer wieder vorkommenden kleineren oder größeren Tsunamis.

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Dann kommt das Frühstück doch noch – wir lassen es draußen mit Blick auf den See servieren.

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Karte vom Lago Budi. Vor unserer Weiterfahrt ist noch ein Besuch der kleinen Insel in der Mitte des Sees angesagt.

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Bisschen wackelig die Steganlage, dann geht es los.

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Heile Welt.

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Einbäume.

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Wir werden zu einem selbst gemachten Getreidekaffee und Gebäck mit Honig eingeladen.

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Kunst.

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Sport.

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Auf dem Weg zurück zur Hauptstraße und zu unserer nächsten Reiseetappe fahren wir noch kurz an der Schule vorbei und überreichen die von uns in Temuco gekauften Hefte und Stifte dem Direktor der Mapuche-Schule. Die Schüler haben, wie alle anderen Chilenen ja die großen Sommerferien von Mitte Dezember bis Ende Februar. Es werden die üblichen großen Reden geschwungen, dann geht`s weiter Richtung Seegebiet.

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