Daily Archives: 27. Februar 2015

Buenos Aires – Microcentro, Puerto Madero

An meinem zweiten (vollen) Tag in Buenos Aires mache ich mich früh wieder auf den Weg. Volles Programm ist angesagt. Ich will in die Innenstadt (Microcentro) inkl. Bankenviertel, zum Puerto Madero, einem neu entwickelten Hafengebiet und in ein stadtnah gelegenes Naturschutzgebiet – eine der wenigen Möglichkeiten mal ans Ufer des Rio de la Plata zu kommen.

Mal wieder am Teatro Colon vorbei geht`s auf die Avenida 9 de Julio, die Hauptverkehrsader Buenos Aires. Sie wird häufig als mit 20 Fahrstreifen auf 140 Metern breiteste Straße der Welt bezeichnet. Tatsächlich wartet  sie mit je Richtung jedoch “nur” sieben Fahrstreifen auf. Abgetrennt durch einen baumbestandenen Grünstreifen verlaufen allerdings auf beiden Seiten der Avenida noch 3-spurige Parallelstraßen unterschiedlichen Namens, die optisch durchaus zu Recht als Teil der Avenida 9 de Julio wahrgenommen werden können.

Wie auch immer – ganz schön breit die Schneise durch die Stadt. Die Überquerung kann einige Minuten dauern, da bei normaler Gehgeschwindigkeit man etwa zwei bis drei Ampelphasen benötigt, um auf die andere Seite zu gelangen.

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Mit ihrem Namen erinnert die Straße an den Tag der Unabhängigkeit Argentiniens, den 9. Juli 1816. Typische Bebauung entlang der Avenida.

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Nach etwa 10 Gehminuten nähere ich mich dem großen 67 Meter hohen Obelisken auf der Avenida.

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Er wurde im Mai 1936 anlässlich des 400-jährigen Stadtgründungsjubiläums errichtet. Der Platz rund um den Obelisken trägt den Namen Plaza de la República.

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Auf der anderen Straßenseite angekommen, geht`s ins so genannte Microcentro Richtung Calle Florida und weitere Fußgängerzonenstraßen.

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Man kann kaum 10 Meter laufen, ohne von irgendeinem Geldwechsler angesprochen zu werden. Nervig. Es müssen hunderte sein. Insbesondere der Tausch von Dollar in Pesos scheint ein lukratives Geschäft zu sein. Es werden wesentlich bessere Kurse als beim offiziellen Tausch geboten. Hintergrund wohl die galoppierende Inflation in Argentinien von über 30% im Jahr. Ich tausche nicht, suche aber einen bzw. mehrere Geldautomaten auf, die mir aber alle kein Geld geben wollen. Erst der Besuch einer Filiale der HSBC mit hilfsbereiter Angestellter führt zum Erfolg. Selbst hier nahm nur einer von etwa zehn Geldausgabeautomaten mein VISA-Kärtchen.

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Geschäfte wie überall auf der Welt.

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Über die Calle Florida erreiche ich die Galerias Pacifico mit dem Centro Cultural Borges. Ein Kulturzentrum in einer Shopping Mall, das sich dem bedeutendsten Autor Argentiniens widmet. Ursprünglich mal als Kaufhaus gebaut, beherbergte das Gebäude verschiedene Institutionen, u.a. auch zeitweise das Museo Nacional de Bellas Artes. 1991 saniert wurde es dann der heutigen Nutzung zugeführt.

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Das Kulturzentrum lasse ich mal aus, da mit meinen nicht vorhandenen Spanischkenntnissen ein Besuch wohl wenig sinnvoll gewesen wäre. Am südöstlichen Ende der Av. Florida erreiche ich die Plaza San Martin. Auf den gepflegten Rasenflächen kann man im Schatten von Palmen, Ombubäumen und Palmen entspannen. Endlich Ruhe – die Geldtauscher haben ganz schön genervt.

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Im Hintergrund der Uhrturm Torre de los Ingleses.

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Keine Lust aufs Gassigehen? Die "Paseaperros" helfen!

Wer in Buenos Aires in einem Park spazieren geht, der kommt nicht um sie herum: die wuseligen Hundemeuten, zehn oder sogar zwanzig auf einmal, an der Leine geführt von einem oftmals gestressten Hundeausführer, einem sogenannten Paseaperro. In der argentinischen Hauptstadt ist es zwar chic, sich einen Hund zu halten, je größer desto besser, aber mit ihm dauernd Gassi zu gehen, meist weniger. Und so ziehen die Paseaperros mit ihren kläffenden Rudeln durch die Straßen, um den gut Betuchten diese lästige Arbeit abzunehmen. Im Park der Plaza San Martin gibt es sogar ein extra eingezäuntes Areal, wo die Hunde frei laufen dürfen. Hier können auch die Paseaperros mal kurz entspannen.

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Er war ein Geschenk britisch stämmiger Argentinier an die Stadt, Anlass war der hundertste Jahrestag der Mai-Revolution von 1810. Nach dem Falklandkrieg wurde der Uhrturm offiziell umbenannt in Torre Monumental – umgangssprachlich gebräuchlich jedoch immer noch Torre de los Ingleses. Im Hintergrund Hafenkräne.

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Blühende Jacarandabäume neben der Treppe zum Gedenken an die Gefallenen des Falklandkrieges.

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Genug der Pause, ich mache mich auf den Weg Richtung Puerto Madero.

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Kaufhaus Harrods in bemitleidenswertem Zustand. 1914 eröffnet mit wechselvoller Geschichte, 1989 endgültig geschlossen. In 2003 wurden einige Etagen notdürftig saniert und wiedereröffnet. Seitdem waren diese Etagen Heimat verschiedener Festivals u.a. dem Argentinischen Tangofestival 2008 und 2009. Es soll Pläne geben das ganze Gebäude zu sanieren und als Kaufhaus wiederzueröffnen.

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Stadtvilla.

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Mittendrin Papiersammler – ein in Buenos Aires häufig zu sehendes Bild. Ganze Familien, die auf der Straße wohnen, auf Matratzen auf dem Bürgersteig nächtigen und ihren Lebensunterhalt durch das Sammeln von Papier und Pappe zu sichern versuchen.

Mehr zum Thema: http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/wenn-weisses-papier-zur-kostbarkeit-wird-1.652621

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Bankenviertel.

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Und dann erreiche ich das alte Hafengebiet Puerto Madero.

Seit seiner Gründung hatte Buenos Aires das Problem, dass große Schiffe aufgrund der geringen Wassertiefe des Flusses nicht im Hafen ankern konnten, sondern weiter draußen auf Reede lagen. Fracht und Passagiere mussten auf flache Barken und Fähren umgeladen werden bzw. umsteigen.

1882 nahm die Regierung Eduardo Madero unter Vertrag, um einen neuen Hafen zu bauen. Maderos Entwurf wurde unter vielen anderen ausgewählt. Der Bau begann 1887, und das Viertel wurde zehn Jahre später fertiggestellt; Teile wurden allerdings schon ein paar Jahre früher genutzt. Zu seiner Zeit stellten die Anlagen ein ingenieurtechnisches Meisterwerk dar. Bereits 10 Jahre später war der Hafen jedoch bereits veraltet, da mittlerweile noch größere Schiffe gebaut wurden.

Ein neuer Hafen wurde gebaut, der Puerto Nuevo. 1911 in Betrieb genommen, wird dieser Hafen bis heute genutzt.

Damit war der Puerto Madero überflüssig, und das Gebiet verfiel allmählich. Immer wieder wurden Versprechungen gemacht, das Gebiet wiederzubeleben oder es abzureißen, ohne dass ein Plan realisiert wurde.

Erst in den 1990er Jahren wurden mit Hilfe von in- und ausländischen Investoren die alten Warenhäuser in Lofts, Büros, private Hochschulen, Hotels, Museen und Restaurants umgewandelt. 

An der Neugestaltung haben international bekannte Architekten mitgewirkt, darunter Santiago Calatrava, Norman Foster und Phillippe Starck. Puerto Madero hat sich seitdem zu einem der trendigsten Viertel in Buenos Aires entwickelt. Puerto Madero ist 2,1 Qkm groß und hat ca. 8.000 Einwohner.

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Alle Straßen in Puerto Madero sind nach Frauen benannt. Die neueste Verbindung zwischen Puerto Madero und der Innenstadt ist die Puente de la Mujer (Frauenbrücke), die von Santiago Calatrava entworfen wurde.

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Seit 2000 wurden etliche Wolkenkratzer für Wohnzwecke errichtet, die bis zu 50 Stockwerke hoch sind, darunter das El Faro-Gebäude, das zurzeit das höchste Gebäude in Buenos Aires ist. Weitere Hochhäuser wurden für Büros und Hotels gebaut oder befinden sich in Planung.

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Insgesamt schön anzusehen – aber mir zu synthetisch, wie viele solche Entwicklungen, z.B. Darling Harbor in Sydney oder … oder.

Ich will ans Ufer des Rio de la Plata. In Buenos Aires gar nicht so einfach, da man in die Hafengebiete nicht hineinkommt und nahezu die gesamte Flussseite der Stadt mit Hafen oder Industrie verbaut ist. Am nationalen Flughafen besteht die Möglichkeit, aber der ist mir zu abgelegen. Auf der Karte habe ich entdeckt, dass sich an Puerto Madero ein Naturschutzgebiet anschließt, das bis an den Rio de la Plata heranreicht. Da sollte man doch eigentlich mal direkt an den großen Fluss herankommen. Ich versuche einen Zugang von Puerto Madero zu finden. Gar nicht so einfach, aber am nördlichen Ende, finde ich ihn dann doch.

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Die Reserva Ecológica de Buenos Aires, auch als Reserva Ecológica Costanera Sur bekannt, ist ein 350 Hektar großes Flachlandgebiet am Ufer des Río de la Plata. Es entstand in den 1970ern, als im Zuge des Schnellstraßenbaus in Buenos Aires Schutt von abgerissenen Gebäuden in den Fluss entlang der Avenida Costanera Sur gekippt wurde. Mit der Zeit entstand durch Sedimentation festes Land, das in seiner Biodiversität beispielhaft für die argentinische Pampa ist: Man findet dort heute nur wenige Bäume, hauptsächlich Weiden, Akazien und Kapokbäume. Beispiele für die Fauna in dem Gebiet sind wilde Flamingos, Reiher, Enten, Papageien und Biberratten.

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Ich laufe so bestimmt drei Kilometer in das Gebiet hinein Richtung Fluss, finde diesen aber so recht gar nicht bzw. muss mich schließlich durch`s Gebüsch schlagen und den Hang hinunter um an sein Ufer zu gelangen.

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Eine von den Schnellfähren gen Uruguay verlässt gerade den benachbarten neuen Hafen.

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So, Rio de la Plata gesehen – es geht in der Mittagshitze wieder zurück Richtung Puerto Madero.

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Ein Wenig Hunger und Durst habe ich schon, als ich den Park wieder verlasse, aber alle Schattenplätze der dort zahlreich vorhandenen Parilla-Grills sind besetzt.

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Zurück ins Microcentro, genauer ins Bankenviertel finde ich in der Calle Reconquista schöne Straßencafés und mache meine Mittagspause dort.

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Nach der Mittagspause in dem quirligen Kneipenviertel will ich Richtung Plaza de Mayo, sozusagen dem Hauptplatz der argentinischen Hauptstadt. Immer wieder treffe ich auf diese kleinen Zettelchen, die teilweise zu hunderten an Laternen etc. kleben. Bin neugierig und schaue sie mir mal näher an.

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Selbsterklärend.

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Calle Reconquista.

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Im Hintergrund die Plaza de Mayo mit der Pirámide de Mayo, die den Revolutionären von 1810 gewidmet ist, die die Unabhängigkeit Argentiniens einleiteten.

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Papa grüßt auch hier die Gläubigen.

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Und hier war Papa ganz lange tätig; seit 1998 Erzbischof: die große klassizistische Kathedrale von Buenos Aires, an der Plaza de Mayo. Geweiht 1836 beherbergt sie einen Rokoko-Altar und das Grabmal von General José de San Martin, dem Befreier Argentiniens. Auch in ihr zu finden ein von argentinischen Profifußballern gestifteter Jesus am Kreuz dessen Füße schon ganz glattgeküsst sind. Fußballverrückte pilgern hierher um vor wichtigen spielen um göttliche Gnade zu bitten. Man kennt`s ja schon: “Die Hand Gottes” (Maradona).

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Nach dem geistlichen Zentrum folgt das irdische in Form des Präsidentenpalastes, auch am Platz gelegen, der Casa Rosada. Hier regiert Christina. Habe mir sagen lassen, dass sie wegen des ausgeprägten Berufsverkehrs gerne sich mit dem Helikopter von zuhause hierher fliegen lässt.

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Und dann gibt es da auch noch das Volk. Auch dieses ist auf dem Platz gut repräsentiert. Beinahe täglich finden auf der Plaza de Mayo Demonstrationen gegen alles Mögliche statt. Vorgeschichte: Während der Militärdiktatur von 1976 bis 1982 unter Jorge Videla und seinen Nachfolgern wurde die Plaza de Mayo international bekannt durch die Madres de Plaza de Mayo. Diese (Mütter) protestierten dort wöchentlich mit einem Schweigemarsch gegen das gewaltsame spurlose Verschwinden ihrer Söhne und Töchter, für das die Regierung verantwortlich war.

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Der Platz ist nach dem Befreiungsmonat Mai (Mayo) aus dem Jahre 1810 benannt. In diesem Jahr erlangte Argentinien seine Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Spanien. Das einzige, teilweise erhaltene, Haus aus der Kolonialzeit ist der an der Westseite der Plaza gelegene Cabildo (ehem. Regierungssitz). Das heute zu sehende Gebäude wurde 1725 errichtet und teilweise wieder abgerissen, um Platz für den Bau zweier Avenidas zu schaffen.

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Im Hintergrund der Turm der Iglesia de San Ignacio.

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Blick von der Plaza zur Diagonal Norte.

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Ich verlasse die Plaza Richtung Avenida de Mayo. Diese 1,6 Kilometer lange prachtvolle Straße machte Buenos Aires seinerzeit zur Weltstadt. Der Boulevard Pariser Stils mit ungewöhnlich breiten Bürgersteigen ist die gerade Verbindungslinie zwischen Präsidentenpalast (Casa Rosada) und der Plaza del Congreso an dem das argentinische Parlament gelegen ist. Auf halber Länge kreuzt die Avenida 9 de Julio.

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Was das warten auf den Bus angeht sind die Argentinier extrem diszipliniert – es wird immer schön in einer Schlange gewartet.

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Kaffeepause in einem der großen Cafes auf der Avenida de Mayo.

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Nebenan Flohmarkt.

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… sieht deutlich bequemer aus, als sie ist. Bank aus Beton.

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Ich kreuze die Avenida 9 de Julio. Im Hintergrund zu sehen das “Edificio del Ministerio de Obras Públicas” das heute das Gesundheitsministerium beherbergt. Auf dem Gebäude ein Neonbild von Evita Peron. Leider blieb das Gebäude abends unbeleuchtet.

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Plaza del Congreso mit Congreso Nacional, dem Parlament Argentiniens (Zweikammerparlament bestehend aus Abgeordnetenhaus und Senat).

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Ebenfalls am Platz gelegen – das Edificio la Inmobiliaria.

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Für heute bin ich wirklich genug gelaufen. Ich mache mich auf den Rückweg zum Hotel. Zunächst zu Fuß, dann mit dem Taxi. Die Füße wollen nicht mehr.

Abends Steak essen im Restaurant La Chacra in der Avenida Córdoba 941. Sehr zu empfehlen.

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