Daily Archives: 24. Februar 2015

El Calafate – Perito Moreno Gletscher

23.2.15 starten wir in Richtung der argentinischen Grenze mit dem Ziel El Calafate, einer Ortschaft nahe dem Gletscher Perito Moreno gelegen. Dieser gehört wie auch der Grey-Gletscher und der Gletscher in der Lagune San Rafael der großen südamerikanischen Inlandseisplatte (s.u.) an, liegt aber auf argentinischer Seite.

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Die Grenzformalitäten gestalten sich unkompliziert. Schnell noch chilenische Pesos in argentinische umgetauscht. Dabei fällt mir mal wieder auf, wie einfach das mit dem Euro ist. Dann geht es gen Osten weiter über die bekannte Ruta 40, Teil eines argentinischen Abschnitts der Panamericana. Um die Mittagszeit erreichen wir die Estanzia Chali Aike, eine von schottischen Nachfahren in 4. Generation geführte Mereno-Schaf-Farm, wo wir u.a. zu Mittag essen werden.

Zufahrt.

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Weide.

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Herrenhaus. Hier kann man sich auch als Tourist  einmieten. Gästezimmer vorhanden.

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Herrenzimmer + Speisesaal.

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Nebengebäude mit Küche etc.

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Arbeiterunterkünfte.

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Der Chef selbst versucht uns mit einem Border-Collie zu zeigen, wie man die Schafe mit einem Hund zusammentreiben kann.

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Das gelingt nicht so ganz, am Ende sind Hund, Schafe und Herrchen irritiert, die Zuschauer amüsiert. Der Border-Collie ist noch sehr jung und in Ausbildung!

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Wie man auf dem vorherigen Foto gut erkennen kann, gibt es hier massenhaft Pappeln. Das lassen wir uns erklären, sei der typische anspruchslose, schnellwachsende Baum, der rund um nahezu alle Estanzias gepflanzt werde, um die patagonischen Winde abzuhalten. Es funktioniert.

 

Danach geht´s in die Arbeitsräume der Schafzucht. Stall kann man nicht sagen, da die Schäflein Sommers wie Winters draußen wohnen.

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Als Frisörsalon könnte man es aber wohl bezeichnen – die Damen warten schon. Die Damen sind selbstverständlich was besseres, Merino-Schafe – nur die mit dem schönsten und feinsten Haar!

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Sieben Friseurstühle – sagen wir besser Rasierstationen.

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Heute frisiert der Chef zur Demonstration mal selbst. Normalerweise machen das Profis, die im Land herum ziehen und die Schaffarmen gegen Entgelt zur Schur besuchen. Der Chef braucht für das Schaf etwa 5 Minuten. Die Besten der Besten der Profis sollen nur  unter eine Minute brauchen. So ganz glücklich sieht die Dame auf unserem Foto nicht aus, aber es war halb so schlimm. Wer schön sein will …

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Das Ergebnis ist doch überzeugend … totschick die neue Frisur!

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Zur Belohnung, dass wir so schön aufgepasst haben, gibt es dann “endlich” auch etwas zu essen. Der Grill ist schon angeworfen. U.a. leckere Lamm-Empanadas als Vorspeise, leckeren grünen Salat (… lange nicht mehr gesehen!) und als Hauptspeise Lamm vom Grill mit patagonischen Kartoffeln stehen auf dem Programm. Und zum Nachtisch einen scheußlich schmeckenden Kräuterschnaps für die Verdauung.

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Ich habe mir vorsorglich mal die Adressdaten der Estanzia geben lassen – weil es so schön war. Man weiß ja nie, ob man hier nicht noch `mal vorbei kommt. Und Stellplatz für ein Wohnmobil gäbe es hier auch allemal.

Wir setzen unseren Weg nach El Calafate fort. Unterwegs passieren wir hupend eine Verehrungsstätte für Gauchito Gil.

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Gauchito Gil (um 1840 als Antonio Mamerto Gil Núñez geboren) ist ein in Argentinien sehr populärer Volksheiliger, der zwar von der katholischen Kirche nie anerkannt wurde, aber Bestandteil der Volksfrömmigkeit vieler Argentinier ist. Übersetzt bedeutet Gauchito Gil so viel wie „kleiner Gaucho Gil“.

Die Legenden um Gauchito Gils Leben widersprechen sich zwar zum Teil, aber alle sagen aus, dass er ein Landarbeiter war, der wegen eines echten oder angeblichen Verhältnisses mit einer reichen Witwe in große Schwierigkeiten geriet. Um den Schwierigkeiten zu entgehen schloss sich Gauchito Gil zunächst der Armee an. Später desertierte er, um nicht eigene Landsleute umbringen zu müssen, und versteckte sich im Wald. Nach manchen Legenden war er in dieser Zeit so etwas wie der argentinische Robin Hood – bestahl die Reichen und gab es den Armen. Daher wohl auch die Verehrung! Er wurde gefangen und gehängt.

Da Gauchito Gil heute – warum auch immer – als eine Art Patron von Auto-, Bus- und Lastwagenfahrern gilt, ist es üblich, zu hupen, wenn man an einem Schrein vorbeifährt, um Gauchito Gil damit zu grüßen. Im Gegenzug hofft man auf eine wenig beschwerliche und unfallfreie Reise.

 

In El Calafate angekommen, checke ich im Hotel ein und mach mich gleich wieder auf die Socken, um mir den Ort anzuschauen – es ist nämlich sauschönes Wetter. Der Ort ist benannt nach einem Beerenstrauch (buchsblättrige Berberitze) aus der in Südamerika Marmelade, Saft etc. hergestellt werden.

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Trinke in der Sonne sitzend in aller Ruhe ein Bier in einem Biergarten; beobachte die Passanten. Der Ort ist sehr touristisch und es ist der Bär los. Wegen der Nähe zum Perito Moreno-Gletscher und der nicht übersehbaren außerordentlichen staatlichen Förderung des Ortes durch die argentinische Präsidentin Christina Kirchner (lasse ich mir sagen) explodiert der Ort seit einigen Jahren. Frau Kirchners politische Karriere startete hier in der Provinz Santa Cruz; sie hat immer noch ihre Wurzeln hier. Die sind unübersehbar – ihr sollen die “dicksten” Hotels etc. im Ort gehören. Also wohl nicht ganz uneigennützig die staatlichen Investments!

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Beim Fortsetzen meines Spazierganges stoße ich auf immer größere Menschenmassen, die alle in eine Richtung laufen bzw. die Schlange stehen.

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Der Grund für den Aufruhr. Ein von Christina Kirchner im Rahmen der laufenden Wahlkampagne staatlich finanziertes Frei-Konzert des Latin-Sängers Romeo Santos. Halb Patagonien scheint bzw. soll heute in El Calafate zu Besuch zu sein. Selbst aus Punta Arenas sollen Leute angereist sein. Muss wohl was Besonderes sein.

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Geboren und aufgewachsen ist Romeo Santos in der New Yorker Bronx. In seiner Kindheit sang er im Kirchenchor und gründete dann mit seinem Cousin und zwei anderen Jungs lateinamerikanischer Abstammung die Latino-Boygroup Aventura. Nach zahlreichen Erfolgen stieg er dort 2011 aus und begann eine Solokarriere.

Das Konzert findet im örtlichen Stadion statt. Ich entscheide mich gegen einen Besuch des Konzertes – scheint nicht so mein Geschmack (Latino-Boygroup) zu sein. Wobei es unter Umständen alleine wegen des Events an sich einen Besuch wert gewesen wäre.

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Allerdings kann ich mich auch im Bett liegend dem Konzert nicht ganz entziehen. Man hört es trotz geschlossenen Fensters. Und gegen 3 Uhr nachts bin ich dann noch einmal wach – ein Feuerwerk!

 

Am nächsten Morgen trotzdem fit. Wir starten zum Besuch des etwa 80 Kilometer von El Calafate entfernt liegenden Perito Moreno Gletschers. Zunächst geht es runter an den Lago Argentino, an dem auch der Ort El Calafate liegt. Der See ist mit 1.600 Qkm etwa dreimal so groß wie der Bodensee und über 15.000 Jahre alt. Er wird von mehreren Gletschern gespeist, darunter dem größten Gletscher Südamerikas, dem Upsala-Gletscher und dem bekanntesten, dem Perito-Moreno-Gletscher. Noch in El Calafate ein kurzer Stopp an einer Bucht des Sees, der Laguna Nimes, einem kleinen Vogelschutzgebiet. Hier soll es u.a Flamingos zu sehen geben. Wir haben Glück.

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… zu sehen schon, auf dem Foto aber gerade alle abgetaucht!

Auch das gibt es hier – dicke Villen am Ufer des Sees in El Calafate. Freunde und Bekannte der Präsidentin?

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Weiterfahrt Richtung Westen in die Berge bzw. an Nebenarmen des Lago Argentino entlang.

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Beim Ticketkauf am Eingang des Nationalparks entdeckt …

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… ein Hinweisschild auf ein Günther Plüschow – Denkmal:

Ehemaliger deutscher Marineflieger, der hier mit seinem Fluggerät den patagonischen Winden zum Opfer fiel und tödlich abstürzte. Bekannt wurde er nach der Belagerung von Tsingtau als der “Flieger von Tsingtau” im 1. Weltkrieg und später als Flugpionier in Feuerland, wo er als Erster unter anderem die Darwin-Kordillere, das Kap Hoorn und die Torres del Paine überflog.

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Wir setzen unsere Fahrt fort und …

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… nach ein paar weiteren Kurven bietet sich dann dieses gigantische Bild – und das ist nur die südliche Hälfte des Perito Moreno Gletschers.

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Ein paar Daten: Der Perito-Moreno-Gletscher ist neben dem in der Nachbarschaft gelegenen Uspsala-Gletscher einer der größten Auslassgletscher des Campo de Hielo Sur  (spanisch für: „südliches Eisfeld“). Dies ist mit dem nördlichen Eisfeld zusammen das größte auf der Südhalbkugel außerhalb der Antarktis gelegene zusammenhängende Eisfeld und eines der größten nicht-polaren Eisfelder der Erde überhaupt. Der durch uns weiter nördlich in Chile besuchte Gletscher in der Laguna San Rafael gehört – wie bereits erwähnt – als Auslassgletscher noch zu diesem Gebiet – allerdings zum nördlichen Eisfeld.

Die Länge des südlichen Eisfeldes bzw. die Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung beträgt etwa 350 km, die Breite liegt meist zwischen 30 und 40 km. Insgesamt kommt das südliche Gletschergebiet auf eine Ausdehnung von ungefähr 13.000 Qkm. Erhebliche Teile des Gebiets sind bis heute noch nie betreten worden bzw. unerforscht.

Im Gegensatz zu den meisten Gletschern der Region bzw. weltweit zieht sich der Perito-Moreno-Gletscher durch die Erderwärmung nicht zurück, die Massenbilanz zeigt keinen eindeutigen Trend. Die Wissenschaftler rätseln noch.

Größenverhältnisse Gletscher mit Boot – hier wieder nur der südliche Teil.

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… und dann auf`s Boot.

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Das Boot zieht etwa eine halbe Stunde Kreise vor der etwa 60 Meter hohen Eiswand – wunderschön. … heute aber mal keine größeren “Kälber”.

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Rechts schön zu sehen die in den Lago Argentino hereinragende Landzunge der Peninsula Magellanes mit offenem Verbindungskanal zur nördlichen Hälfte des Gletschers (rechts dahinter) auf die dieser sukzessive zudriftet, bis sie verschlossen ist und es dann zu größeren Abbrüchen (Kälbern) am Gletscher kommt, da der südliche Teil des Sees dann keinen natürlichen Ablauf mehr hat. Der südliche Teil des Sees wird bei verschlossener Verbindung quasi so lange gestaut, bis aufgrund von Schmelzungsprozessen und Druck des Gletschers größere Stücke von ihm abbrechen und den Verbindungskanal wieder öffnen. Ok, ok, kompliziert zu beschreiben.

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Und dann auf dem Landweg von der Peninsula Magellanes aus noch ein Besuch des nördlichen Teiles des Gletschers bzw. der Abbruchkante in den nördlichen Teil des Lago Argentino.

Hier steigt man vom Seeniveau aus auf zum Schutz der Flora etc. in die Landschaft gebauten Stahlplattformen langsam nach oben auf Gletscherhöhe.

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Blick zurück auf den Lago Argentino.

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Verbindungsstück zwischen südlichem (links) und nördlichem (rechts) Teil des Lago Argentino von der Peninsula Magellanes aus gesehen.

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In der Panoramaansicht noch besser zu erkennen.

Chile-Argentinien Feb. 2015 605 (Mittel)

 

Genug Gletscher gesehen – auch, wenn`s wirklich schön war. Morgen geht es nach Buenos Aires, Stadtluft atmen.

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